Repost vom 19.10.2022
Ich bin selbst zwar kein Handwerker, stamme aber aus einer Handwerkerfamilie mit über 120-jähriger Tradition und kann mich noch gut an die Existenzängste kurz nach der Wende erinnern.
Die örtliche Handwerkerschaft in Gera und inzwischen auch Jena nun ruft angesichts der aktuellen schwierigen Situation mit neuen Existenzängsten zu Autokorsos auf. Der Wunsch und auch die Notwendigkeit, auf die Probleme der kleinen und mittleren Betriebe aufmerksam zu machen, ist für mich völlig nachvollziehbar. Was leider hier wieder passiert ist, dass man sich weder im Vorfeld, noch bei den Veranstaltungen selbst von verfassungsfeindlichen Akteur:innen in den eigenen Reihen distanziert. Im Gegenteil – die Aufrufe und Flyer werden gezielt in Foren und Chatgruppen der Querdenkerbewegung geteilt.
Der Soziologe @Matthias Quent hat das Problem in einem Interview sehr gut auf den Punkt gebracht:
... show moreRepost vom 19.10.2022Ich bin selbst zwar kein Handwerker, stamme aber aus einer Handwerkerfamilie mit über 120-jähriger Tradition und kann mich noch gut an die Existenzängste kurz nach der Wende erinnern.
Die örtliche Handwerkerschaft in Gera und inzwischen auch Jena nun ruft angesichts der aktuellen schwierigen Situation mit neuen Existenzängsten zu Autokorsos auf. Der Wunsch und auch die Notwendigkeit, auf die Probleme der kleinen und mittleren Betriebe aufmerksam zu machen, ist für mich völlig nachvollziehbar. Was leider hier wieder passiert ist, dass man sich weder im Vorfeld, noch bei den Veranstaltungen selbst von verfassungsfeindlichen Akteur:innen in den eigenen Reihen distanziert. Im Gegenteil – die Aufrufe und Flyer werden gezielt in Foren und Chatgruppen der Querdenkerbewegung geteilt.
Der Soziologe
@Matthias Quent hat das Problem in einem Interview sehr gut auf den Punkt gebracht:
Aber vor allem findet auch keine Abgrenzung statt, bei vielen Protesten in Sachsen, in Thüringen, Sachsen-Anhalt ist das sichtbar, dass hier selbst verfassungsfeindliche Organisationen auf den Demonstrationen geduldet werden. Man schließt zumindest bei den Demonstrationen die Reihen miteinander, ist in der Kritik vereint, was natürlich nicht bedeutet, dass die Handwerkerverbindungen jetzt deswegen auch verfassungsfeindlich oder rechtsextrem sind, aber zumindest gehen sie nicht in eine kritische Distanz, die eigentlich umso nötiger wäre, umso wichtiger und berechtigter die sozialpolitischen oder wirtschaftspolitischen Anliegen ja sind.
https://www.deutschlandfunk.de/matthias-quent-energie-gas-protest-100.htmlDie grundlegenden Probleme, die sowohl Handwerker:innen als auch “normale” Bürger:innen betreffen, werden mit den Ideen der Rechten einfach nicht gelöst. Die Energiepreise werden nicht sinken, weil Atomkraftwerke länger laufen oder Putin wieder Gas liefert. Die Energiekrise wird auch nicht gelöst, wenn man gegen erneuerbare Energien hetzt oder Baerbock, Habeck und Thunberg verteufelt. Der Fachkräftemangel wird auch nicht dadurch gelöst, dass im Gesundheitssektor auf Coronaschutzmaßnahmen verzichtet wird.
Eigentlich sind aus meiner Sicht die meisten Probleme, die den oben angesprochenen Handwerker:innen berechtigt Sorgen bereiten, mit ganz anderen Mitteln zu bekämpfen: Konsequenter Klimaschutz durch Abkehr von fossiler Energiegewinnung und eine gerechte Besteuerung und Umverteilung der Lasten innerhalb der Gesellschaft.
Aber diese Problemlösungen klingen einfach nicht so schnittig auf Plakaten wie “Weg mit der ReGierung” oder so. Echte Problemlösungen sind etwas komplexer – kommen aber eben auch ohne personifizierte Feindbilder aus.

Die aktuellen Energieproteste seien stark mit rechtsextremen Akteuren vernetzt, sagte der Extremismusexperte Matthias Quent im Dlf. Es könnte sich sogar eine faschistische Bewegung auf der Straße formieren.
Deutschlandfunk